Die Verfahren der Elektronischen Distanzmessung (EDM) sind die wichtigsten modernen geodätischen Distanzmessverfahren. Diese kommen vor allem in der Tachymetrie (Totalstationen) und beim Laserscanning zum Einsatz. In jedem Fall wird die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Trägerwelle benötigt. Je länger die zu messende Distanz und je höher die Genauigkeitsforderung für den Distanzmesswert, desto genauer muss diese bekannt sein oder bestimmt werden. Sie hängt mehr oder weniger von folgenden Größen ab:
Aus diesen Größen kann die Refraktivität der Luft und daraus die Ausbreitungsgeschwindigkeit im Bereich der Gültigkeit ihrer Werte berechnet werden. Diese Aufgabe übernimmt das Rechenwerkzeug .
Heute werden praktisch nur noch EDM eingesetzt, die mit Lichtwellen im roten oder nahen infraroten (NIR) Spektralbereich arbeiten.
Spektralbereich: Rot, sichtbar | Spektralbereich: nahes Infrarot (NIR) | ||
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EDM/Tachymeter/Totalstation | nm | EDM/Tachymeter/Totalstation | nm |
Kern Mekometer ME5000 | 633 | Leica TC 2003 | 850 |
Leica TC 400 / TC 800 | 658 | Leica TC 110 | 850 |
Leica TS30 / TM30 / TS02 | 658 | Leica TDA / TMA 5005 | 850 |
Trimble S8 | 660 | Trimble 3300 | 860 |
Leica TPS 110 / 1100 / 1200 | 670 | ZEISS Rec Elta | 860 |
(ohne Prismen+LongRange) | ZEISS ELTA4 | 869 | |
Leica TPS 110 / 1100 / 1200 | 780 | Trimble S6 | 870 |
(auf Prismen) | ZEISS ELTA3 | 910 |
Zum Zeitpunkt der Messung muss die Temperatur der trockenen Luft (Trockentemperatur) und der Luftdruck entlang des Signalweges des EDM bekannt sein oder bestimmt werden. Kritisch ist hier vor allem die Lufttemperatur, weil diese relativ genau benötigt wird, aber kaum über längere Signalwege hinweg konstant ist. Zudem ändert sich die Lufttemperatur zeitlich. Optimal wäre das Messen von Lufttemperatur und Luftdruck an gleichmäßig über den Signalweg verteilten Punkten und das Bilden von repräsentativen Mittelwerten dieser Größen. Leider ist diese Maßnahme zu aufwändig im Verhältnis zum Nutzen, so dass sie in der Regel unterbleibt. Für kurze Distanzen werden nur die atmosphärischen Messwerte am Instrument verwendet.
Eine Temperaturabweichung von 1 Kelvin oder eine Druckabweichung von 3 hPa bewirken eine Distanzabweichung von etwa 1 ppm = 1 mm/km.
Die Luftfeuchtigkeit ist nur bei Messungen höchster Genauigkeit oder bei sehr feuchtem oder heißem Wetter relevant. Wahlweise ist eine der folgenden Angaben möglich:
Maß für die Luftfeuchtigkeit | Symbol | Einheit |
---|---|---|
Partialdruck des Wasserdampfes | e | hPa (Hektopascal) |
relative Luftfeuchtigkeit | h | % (Prozent) |
Feuchttemperatur | θ | °C (Celsius) |
Steht die Information nicht zur Verfügung, sollte die relative Luftfeuchtigkeit auf dem Vorgabewert 60% belassen werden. Dieser Wert verursacht einen Distanzfehler von maximal 2 ppm = 2 mm/km (Quelle: Leica Geosystems).
Oft liegt ein unkorrigierter Distanzmesswert vor, der zu korrigieren ist. Dieser Wert bezieht sich
Diese Korrektur kann automatisch vorgenommen werden. Für die Korrektur ist es erforderlich, von dieser Atmosphäre die Gruppenrefraktivität zu kennen. Entweder gibt der Hersteller des EDM die Gruppenrefraktivität der Normalatmosphäre an, oder Temperatur, Druck und Feuchtigkeit der Atmosphäre, für die der unkorrigierte Distanzmesswert gelten würde, sind bekannt. Im zweiten Fall kann die Gruppenrefraktivität in einer vorgeschalteten Berechnung in ermittelt werden.
Wir benutzen die von Buck (1981) und Rüeger (2002, p. 87) empfohlenen Formeln:
Ngr= | 287.6155 | + | 4.88660 λ2 |
+ | 0.06800 λ4 |
e= | h 100 |
·10x | |
Nph= | 287.6155 | + | 1.62887 λ2 |
+ | 0.01360 λ4 |
x= | 7.5·t 237.3+t |
+0.7857 | |
NL = | 273.15 1013.25 |
· | Ngr·p 273.15+t |
− | 11.27·e 273.15+t |
ew= | 6.112·exp | 17.502·θ 240.97+θ |
|
ppm= | (No-NL) | / | (1+NL·10-6) | e= | ew− p·(t-θ)·0.00066·(1+0.00115·θ) | ||||
D= | D´·(1+ppm·10-6) |
Symbole:
Ngr, Nph | Gruppenrefraktivität und Phasenrefraktivität der Standardatmosphäre t = 0°C, p = 1013.25 hPa, e = 0 hPa, CO2-Gehalt 0,0375% | ||
λ | Trägerwellenlänge in µm | t | Trockenlufttemperatur in °C |
p | Luftdruck in hPa | e | Partialdruck des Wasserdampfes in hPa |
h | Luftfeuchtigkeit in % | x | Hilfsvariable |
NL | Gruppenrefraktivität der tatsächlichen Atmosphäre | ppm | Distanzkorrektion in ppm |
No | Gruppenrefraktivität der Normalatmosphäre | θ | Feuchttemperatur |
D´,D | unkorrigierter und korrigierter Distanzwert in m | ew | Sättigungsdampfdruck zur Feuchttemperatur in hPa |
Mit dem Tachymeter TS30 (Hersteller: Leica Geosystems, koaxialer sichtbarer Rotlaser, λ = 658 nm = 0,658 µm ) wurde eine Distanzmessung irrtümlich mit den Einstellungen
t = 12°C, p = 1013.25 hPa, h = 60 %
vorgenommen und berechnet. Das Ergebnis war D´=175.989 . Tatsächlich herrschten aber zum Zeitpunkt der Messung entlang des Signalweges folgende Bedingungen:
t = 23°C, p = 990.7 hPa, h = 20 %
Die korrigierte Distanz soll bestimmt werden.
Zunächst muss die Gruppenrefraktivität No der Atmosphäre berechnet werden, auf die sich der Distanzmesswert D´ bezieht (Normalatmosphäre).
Das Ergebnis ist 286.34. Danach wird die Gruppenrefraktivität der realen Atmosphäre NL berechnet. Gleichzeitig wird dabei der Distanzmesswert korrigiert.
Das Korrektionsergebnis hat einen Wert von +16.7 ppm , das entspricht +2.9 mm . Die korrigierte Distanz beträgt also 175.9919 m . Schließlich interessieren wir uns dafür, welchen Einfluss Abweichungen in den atmosphärischen Parametern auf die Korrektion hätten. Nehmen wir folgende maximalen absoluten Abweichungen an:
Δt = 2°C, Δp = 10 hPa, Δh = 20 %
Durch erhalten wir für die maximale Abweichung des Korrektionsergebnisses den Wert 4.8 ppm bzw. 0.84 mm.
Ermitteln Sie, welchen Anteil an dieser Abweichung allein die Abweichung der Luftfeuchtigkeit hat.
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